Zeitrechnung – Wort zum Jahr 2024 von Pfr. Becker
Kennen Sie die neue Zeitrechnung? „Vor Corona und nach Corona.“ Zumindest bei uns auf der Hensoltshöhe reden wir manchmal so. Noch persönlicher wird die Zeitrechnung bei einschneidenden Ereignissen in unserem Leben: „seit der Geburt unserer Kinder“, „seit dem Tod meines Mannes“, „seit dem Unfall“. Da gibt es ein klares Vorher und Nachher.
Nun beginnt am 1. Januar ein neues Kalenderjahr, ohne dass ich für mich sagen würde: das ist ein einschneidendes Datum. Am Morgen des 1. Januar wache ich nicht anders auf als am Tag vorher. Die Zäsur in dieser Nacht, die viele ausgiebig feiern, ist schon ein bisschen willkürlich. Erst seit den 17. Jahrhundert hat sie sich in Europa durchgesetzt. Man könnte stattdessen auch den Frühlingsanfang nehmen, wenn wirklich etwas erkennbar Neues geschieht. Oder den 22. September, an dem in Frankreich die Republik ausgerufen wurde und mit dem der französische Revolutionskalender begann. Immerhin war er von 1792 bis 1805 gültig.
Spannender finde ich die Frage: Woran orientiert sich eigentlich meine Zeitrechnung, mein Leben? An weltgeschichtlichen oder persönlichen Katastrophen? Klar, sie bestimmen vieles im Alltag. Aber will ich ihnen alles unterwerfen? Auf alten Hausinschriften findet sich häufig vor einer Jahreszahl die Abkürzung A.D. Ausgeschrieben hieße es heute: Anno Domini, im Jahr des Herrn (Jesus Christus) 2024. Damit wird an den Orientierungspunkt unserer Zeitrechnung erinnert: an die Geburt von Jesus vor gut 2000 Jahren. Mit ihm beginnt eine neue Zeitrechnung, weil jetzt klar ist: der heilige und unnahbare Gott, der Schöpfer dieser Welt, macht sich angreifbar. Er steigt ein in unsere zerrissene Welt und wird Mensch. Egal, was auch im kommenden Jahr passieren mag, dieser Gott ist mittendrin.
Manchem wird es dabei mulmig zumute und er schreibt darum statt vor/nach Christus lieber vor/nach unserer Zeitrechnung (v.u.Z. / n.u.Z.). Als wenn man dadurch Gott loswerden könnte. Natürlich ist dieser Jesus, dieser Gott-mit-uns (hebr.: Immanuel) kein G.O.T.T., kein guter Opa total taub. Natürlich ist ihm das Unrecht, das ist denke, sage und tue nicht egal. Im Gegenteil. Aber zugleich bietet er eine gewaltige Umverteilung an: „Gib mir Deine Lasten, Deine Schuld. Und nimm dafür meinen Frieden, mein Heil.“ An seiner Hand brauche ich das neue Jahr nicht zu fürchten. Dabei bin ich nicht naiv: auch in 2024 werden uns große Herausforderungen begegnen: politisch, kirchlich, wirtschaftlich, nicht zuletzt: ganz persönlich. Aber weil auch 2024 ein A.D. wird, ein Jahr des Herrn Jesus Christus, darum dürfen wir darin unter seinem Segen leben.